Seit März hat das öffentliche Leben, wie wir es bisher gewohnt waren, drastische Einschränkungen erlebt. Zahlreiche Geschäfte, Gastronomien und Kulturstätten mussten ihre Türen zeitweise schließen.
Auch Reparaturdienste und lokale Werkstätten mussten den Kundenverkehr teilweise einstellen. Wir von kaputt.de möchten einen Blick auf die Auswirkungen der Quarantäne auf den Reparaturmarkt werfen.
Ist dein Handy kaputt und alle Reparaturläden haben geschlossen, dann kannst du dein Handy auch alternativ zur Reparatur einsenden:
Wir haben gesehen, dass die Hashtags #shoplocal und #supportyourlocalbusiness zunehmend an Bedeutung gewonnen haben. Gilt diese Unterstützung auch den Reparaturdiensten in deiner Straße? Wie geht es den kleinen Werkstätten? Können sie weitermachen oder hat sich die Auftragslage aus Solidarität vielleicht sogar verbessert?
Yekta von „Jacks Handy Reparatur Shop“ aus Ettlingen erzählt uns, wie die Zeit des Lockdowns für ihn und seine Werkstatt verlaufen ist und was er für die Zukunft gelernt hat.
Auswirkungen der Pandemie auf Jacks Handy Reparatur Shop
Yekta Görkem Baysan ist mit seinem Repairshop „Jacks Handy Reparatur Shop“ selbständig. In seiner Werkstatt in Ettlingen ist er nicht alleine, sondern hat mehrere Mitarbeiter. Wie für viele Selbständige, war es auch für Yekta eine Herausforderung, den Lockdown erfolgreich zu managen. Wie er es geschafft hat und was er in Zukunft verbessern möchte, erzählt er uns.
Welche Herausforderungen gab es und gibt es immer noch für das Geschäft während der Corona-Pandemie?
Dass es keine gute Übersichtlichkeit gab bzw. gibt über die gesamten Gesetzesänderungen, erschwert es, einen normalen Betrieb der Werkstatt zu gewährleisten. Es ist schwierig nachzuvollziehen, welche Änderungen wann und wo in Kraft treten.
Auch die Ungewissheit über den Zeitraum der Pandemie macht es schwieriger, für längere Zeit zu planen. Wie entwickelt sich die Situation und die eigene finanzielle Lage des Geschäfts?
Der Kundenstamm bei Jacks Handy Reparatur Shop sind vorwiegend ältere Leute. Viele sind seit der Pandemie überhaupt nicht mehr vorbeigekommen. Wenn der feste Kundenstamm einmal wegbricht, ist er auf die Laufkundschaft angewiesen, die ihm während des Lockdowns leider ebenfalls fast völlig weggefallen ist. Der Shop befindet sich in optimaler Lage, wo es normalerweise viel Verkehr gibt, doch während der Zeit haben nur wenige Leute den Weg zu ihm gefunden.
Yekta kann leider keine Accessoires oder Zubehör verkaufen, da ihm die Erlaubnis für den Einzelhandel fehlt und er somit nicht sein „Kerngeschäft“ für die Corona-Pandemie umstellen kann.
Alle Faktoren stellen Yekta vor große Herausforderungen, da er nur geringe finanzielle Rücklagen angelegt hat und somit auf den fortlaufenden Umsatz seiner Werkstatt angewiesen ist.
Ändert sich das Geschäft nachhaltig?
Wir haben vor allem in Zeiten des Lockdowns gemerkt, dass das Internet an Relevanz gewinnt. Deshalb hat Yekta sich es zur Hauptaufgabe gemacht, den Onlineauftritt von „Jacks Handy Reparatur Shop“ auszubauen.
In Zukunft soll der Ausbau des Onlineshops und der Aufbau eines Versandservices im Vordergrund stehen. Dazu zählt für ihn auch der Ausbau seines Online-Marketings und das Schalten von Online Werbung.
Zukünftig möchte Yekta sich auch finanziell sicherer aufstellen und sein Geschäft mit der Einplanung von Rücklagen besser für solche Notfall-Situationen absichern.
Mit der Lockerung der Corona-Auflagen sollte auch die Zahl der Kontaktkundschaft wieder ansteigen. Hier möchte Yekta zunächst einen erweiterten Service-Plan erstellen. Schwerpunkte setzt er u.a. auf die Einhaltung der Abstandsregeln bei Telefonannahmen, bei der Einrichtung und bei Beratungsgesprächen mit den Kunden.
Wie wird sich der Corona-Virus auf den Reparaturmarkt auswirken?
Bei Yekta hat die Pandemie verschiedene Gefühle und Gedanken hervorgerufen. Anfangs hatte er Angst um sein Geschäft. Die Kunden blieben weg, was ihm Umsatz- und Liquiditätsprobleme bereitete. Laufende Kosten mussten gedeckt werden, was ohne laufenden Umsatz oder Rücklagen schwer war.
Nun kann er positiver in die Zukunft blicken und sieht Chancen für seinen und entsprechend auch für viele weitere Reparaturshops. Aufgrund der Zunahme des Home Office sieht er eine höhere Nutzung von Tablets und anderen mobilen Geräten. Darüber hinaus sieht er eine hohe Wahrscheinlichkeit für den Anstieg des Bedarfs an Dienstleistungen und Reparaturen, die er anbietet.
Auch wir glauben, dass sich der Reparaturmarkt, nicht nur für Handys und Smartphones, vergrößern wird. Wir konnten bereits vor der Corona-Pandemie einen Anstieg der Nachfrage beobachten und dieser Trend wird sich vermutlich langfristig nicht nur halten, sondern ansteigen. Bewegungen wie das #RightToRepair – Movement werden stärker und auch der Zugang zu Reparaturmöglichkeiten und Ersatzteilen wird vereinfacht.
Wenn ihr aus Ettlingen kommt oder in der Nähe wohnt und eine Handyreparatur für euch ansteht, dann schaut doch gerne bei Yekta vorbei!
Mit einem Klick auf das Logo gelangt ihr zu seiner Website für mehr Informationen.
Auswirkungen auf den Reparaturmarkt
Nachdem uns Yekta seine Situation beschrieben hat, möchten wir einen erweiterten Blick auf den Reparaturmarkt werfen. Wir haben Reparaturdienste zum Thema Corona und die Auswirkungen auf ihr tägliches Geschäft und die Auftragslage befragt. Wie stark waren sie vom Lockdown betroffen? Waren sie gezwungen, Staatshilfen in Anspruch zu nehmen?
Außerdem wollten wir wissen, wie wir als kaputt.de Reparaturdienste und lokale Werkstätten unterstützen können, damit wir gemeinsam gestärkt aus diese Zeit herauskommen.
Welchen Reparaturmarkt decken Sie mit ihrem Geschäft ab?
Um einen Überblick zu bekommen, welche Werkstätten uns freundlicherweise einen Einblick in ihr Unternehmen geben, wollten wir zunächst wissen, welche Reparaturen von ihnen angeboten werden.
Da Werkstätten mehrere Reparaturmärkte bedienen können, addieren sich die Prozentzahlen auf über 100 %.
Smartphone- und Handyreparaturen
Alle Werkstätten, die uns geantwortet haben, sind im Markt der Smartphone- und Handyreparaturen tätig.
Kleinelektronik
Neben Handys und Smartphones bieten 30 % außerdem Reparaturen für Kleinelektronik-Geräte an.
Haustechnik
10 % der befragten Reparaturwerkstätten kümmern sich um Reparaturen für Haustechnik.
PC, Laptop und Netbooks
Reparaturen für PCs, Laptops und Netbooks werden von 10 % der Werkstätten übernommen.
Wie lange war Ihr Geschäft aufgrund des Lockdowns geschlossen?
Für 60 % der antwortenden Werkstätten hatte der Lockdown keine großen Auswirkungen auf ihre Öffnungszeiten. Sie mussten ihre Werkstatt nur wenige Tage oder gar nicht schließen.
10 % der Werkstätten waren gezwungen, ihr Geschäft für 1 – 2 Wochen zu schließen.
Für 30 % war es leider ernster. Sie mussten ihre Werkstatt für 1 – 2 Monate schließen.
Welchen Einfluss hatte die Corona-Pandemie auf den Umsatz lokaler Reparatur-Shops?
Auch wenn ein Großteil fast durchgängig geöffnet war, mussten 50 % der Werkstätten über 50 % weniger Umsatz in der Zeit von März bis April zum vorherigen Zeitraum verbuchen. Wie Yekta schon erwähnte, bestand das größte Problem in der fehlenden Kundschaft. Weniger Leute waren unterwegs und hatten zunächst andere Gedanken als ihr Handy zu reparieren.
Bei 30 % der Werkstätten war ein geringerer Umsatz von 20 – 50 % zu verzeichnen. Ähnlich wie bei dem zuvor genannten Shop fehlte es hier vermutlich an Kunden, die sonst in der Werkstatt vorbeikamen und ihr Handy für eine Reparatur abgaben.
Für 20 % hatte die Pandemie sogar einen positiven Effekt. Sie konnten 1 – 20 % mehr Umsatz für März – April verbuchen.
Bieten Sie die Möglichkeit einer Versandreparatur an?
Das Angebot einer Versandreparatur ist bereits weit verbreitet. 70 % der Werkstätten bieten ihren Kunden eine Versandreparatur an. 10 % haben aufgrund der Corona-Pandemie eine Versandreparatur eingeführt.
20 % der Werkstätten bieten bisher keine Versandreparatur an, würden aber gerne künftig Versandreparaturen anbieten.
Nur 10 % möchten auch in Zukunft keine Versandreparaturen einführen.
Haben Sie Corona-Hilfen in Anspruch genommen?
Für diese Frage waren mehrere Antworten möglich, daher addieren sich die Prozentzahlen in den Angaben auf über 100 %.
40 % der Werkstätten haben keine finanziellen Hilfen für ihr Unternehmen in Anspruch genommen und haben die Zeit so überstanden.
Die Soforthilfen in Form der „nicht rückzahlungspflichtigen einmaligen Zuschüsse“ haben 60 % der Werkstätte in Anspruch genommen, damit sie ihr Unternehmen weiterführen konnten.
Darüber hinaus haben 10 % ebenfalls das Kurzarbeitergeld genutzt. Gruenderszene.de hat hierzu einen Beitrag „Kurzarbeit im Startup“ verfasst, welche Unternehmen in der Corona-Krise Anspruch auf das Kurzarbeitergeld haben.
Wie ist die Einschätzung der Corona-Hilfen?
50 % der Reparaturdienste geben an, dass ihnen die Unterstützungen ein bisschen ausgeholfen haben.
Etwa 30 % der Dienste sind der Meinung, dass die angebotenen Hilfen der Bundesregierung nutzlos sind, weshalb sie die Hilfen nicht in Anspruch genommen haben.
Anders sieht es bei den nächsten 10 % der Dienstleister aus: Sie haben angegeben, dass ihnen die Hilfen sehr geholfen haben.
Die restlichen 10 % haben keine Angabe für ihre Einschätzung der Hilfen gemacht.
Welche Herausforderungen stehen bevor?
Auch hier konnten mehrere Antworten gegeben werden, weshalb sich die Summe der Prozentangaben auf über 100 % addieren kann.
Die Einhaltung der Hygieneregeln in der Werkstatt stellt für 20 % der Werkstätten eine Schwierigkeit dar.
Ebenfalls 20 % gaben an, dass die Lieferung von neuen Ersatzteilen für sie schwieriger ist und sie entsprechend planen müssen. Gerade zu Beginn der Pandemie haben auch wir bei kaputt.de gemerkt, dass gewisse Lieferungen eine höhere Priorisierung bei der Zollabfertigung hatten als andere, weshalb auch unsere Importe lange Bearbeitungszeiten aufwiesen.
30 % gaben an, dass die Quarantäne-Maßnahmen eine Herausforderung für sie sind / waren. Mittlerweile werden weitere Lockerungen der Maßnahmen bekannt gegeben, sodass es nur noch wenige gravierende Einschnitte gibt.
Die größte Herausforderung stellt das Ausbleiben der Kundschaft dar. 70 % der Werkstätten beklagen weniger Kunden. Das kann zum einen auf die Lockdown-Maßnahmen zurückzuführen sein. Außerdem kann es damit zusammenhängen, dass die Menschen in der Zeit andere Sachen im Kopf hatten als ihre Geräte reparieren zu lassen.
Was ändert sich für Reparaturdienste in der Zukunft?
Auf diese Fragen konnten mehrere Antworten gegeben werden. Daher können sich die Prozente auf über 100 % addieren.
Dass heutzutage vieles digital stattfindet, haben auch die Reparaturwerkstätten gemerkt. Daher möchten 50 % vermehrt digitalisieren lassen und arbeiten.
Die Einführung strengerer Hygienemaßnahmen steht für 30 % der Werkstätten an.
Für einige Berufe ist das Arbeiten im Home Office oder Remote Office bereits normal. Interessant, dass nun auch 10 % der Werkstätten versuchen möchten, Arbeit im Home-Office zu ermöglichen.
20 % sind mit ihrer Situation zufrieden und möchten zunächst keine Änderungen im Unternehmen oder der Art, wie sie arbeiten, vornehmen.
Wie kann kaputt.de lokale Reparaturdienste in Zukunft besser unterstützen?
Da wir von kaputt.de es uns zum Ziel gemacht haben, den lokalen Reparaturmarkt zugänglicher und einfacher zu gestalten, möchten wir aus erster Hand erfahren, wie wir Werkstätten nachhaltig unterstützen können.
Versandreparaturen
Zeitweise war kein persönlicher Kontakt in Geschäften möglich. Wenn die Laufkundschaft ausbleibt, fehlt vielen Werkstätten die Haupteinnahmequelle. Daher möchten 60 % der Dienste, dass wir Versandreparaturen weiterleiten. Das hat ebenfalls den Vorteil, dass dadurch nicht nur Menschen aus der eigenen Stadt, sondern deutschlandweit die Möglichkeit haben, ihren Dienst in Anspruch zu nehmen. Damit wird ihr Kundenstamm erweitert.
Unterstützung bei der Digitalisierung
Oben haben wir festgestellt, dass ein Großteil der Werkstätten gerne mehr digitalisieren möchten. Verständlicherweise liegen ihre Hauptfähigkeiten in der Reparatur und weniger im Webdesign und digitalen Auftritt. Darum wünschen sich 20 %, dass kaputt.de ihnen dabei hilft, ihren digitalen Auftritt zu verbessern.
Mehr Aufträge generieren
Für viele Werkstätten ist die größte Herausforderung gewesen, dass weniger Kunden ihre Dienste in Anspruch genommen haben. Daher ist es nicht verwunderlich, dass sich 20 % freuen, wenn kaputt.de ihnen mehr Aufträge und Kunden generiert. Diese Möglichkeit ergibt sich aus der Vermittlung von Versandreparaturen und der Unterstützung für den Ausbau des digitalen Auftritts.
Ersatzteillieferung
Durch die Lieferengpässe von Ersatzteilen am Anfang des Jahres und die unterschiedlichen Prioritäten beim Zoll wurden viele kleine Lieferungen lange hinten angestellt. So kamen auch kleine Werkstätten in Not, weil sie keine Ersatzteile mehr vorrätig hatten. kaputt.de hat mittlerweile auch einen B2B-Shop für Ersatzteile, um Werkstätten mit Ersatzteile zu beliefern. 20 % der Werkstätten wünschen sich, dass kaputt.de auch ihre Werkstatt mit Ersatzteilen beliefert.
Dropshipping
20 % der Werkstätten würden gerne einen Dropshipping Service von kaputt.de in Anspruch nehmen. (Dropshipping würde in diesem Fall bedeuten, dass der Reparaturdienst Ware an den Kunden verkauft, ohne die Produkte selbst liefern oder lagern zu müssen.)
Wird die Corona-Pandemie den Reparaturmarkt nachhaltig verändern?
Viele Privatpersonen glauben an einen positiven Einfluss auf den Reparaturmarkt, doch nur wenige Werkstätten erwarten einen positiven Effekt. So sehen nur 30 % eine Steigerung der Reparaturanfragen, da beispielsweise weniger neue Smartphones gekauft werden.
Die anderen Werkstätten erwarten gar keine Änderung für den Reparaturmarkt. Sie glauben, dass nach der Pandemie alles wieder seinen „normalen“ Lauf nimmt und so wird wie vor der Corona-Krise.
Du möchtest mehr darüber erfahren, wie Privathaushalte die Pandemie erlebt haben und sich ihre Sicht auf Reparatur verändert hat? Hier findest du unseren Beitrag „Welchen Einfluss hat der Corona-Virus auf unsere Sicht zur Reparatur?„
Die Infografiken aus diesem Artikel kannst du einfach downloaden und teilen.
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Jan
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